Pünktlich nach der großen Weihnachtsvöllerei, erreichte Ihre
Frau Kalm ein buntbedrucktes Werbeprospekt in Ihrem Postbriefkasten. Das
Neueröffnungsangebot laut „Muckibude“, nur zwanzig Euro im Monat. Ganz großes
Kino. Lässt mich kalt wie Gletschereis. Die Abnehmgarantie ist speziell bei
diesem Fitnesscenter alles andere als gegeben. Sie fragen sich jetzt sicher,
warum?
Ganz einfach: Das Fitnesscenter liegt genau neben einem bekannten Fast
Food Restaurant. Deswegen stellt sich die Frage: Wo liegt der Sinn darin, sich
einen abzuhopsen, wegzuschwitzen und Muskeltraining zu machen, und das gegen
Monatsgebühr?
Seine Puddingarme eineinhalb Stunden mit Hanteltraining zu quälen,
um danach für den Fleiß und das Engagement beim Sport sich mit Fast Food
(natürlich nur was ganz ganz kleines) zu belohnen, liegt nahe. Der innere
Schweinehund möchte schließlich gefüttert werden. Andere von Ihnen würden jetzt
sicherlich sagen: „Sie müssen da ja nicht reingehen!“ Stimmt, da haben Sie
recht. Einen Salat mit luftig aufgeschlagenem Wasserdressing, lässt einen vor
Freude ja auch in die Luft springen. Das war jetzt Sarkasmus. Einen großen
Vorteil haben beide Unternehmen. Die Fast Food Firma macht Umsatz mit
Fitnessmäusen und Kraftpaketen, die sich vor oder nach dem Training die
Kaloriendröhnung geben.
Das Fitnessstudio ist der Pilgerort für Esser mit
schlechtem Gewissen. Es ist ein Kreislauf. Es ist ja auch nicht so, dass einem
die Süßigkeiten und Brathähnchen in den Mund fliegen. Manche Leute behalten
selbst nach der Weihnachtszeit eine derartige Sommerfigur, dass ich fast
gewillt bin, denen einen Keks zu zuwerfen. Hier in der Region sagt man
dazu:“Iss mein Liebes, du fällst mir sonst noch vom Stamm!“
Ich weiß nicht, wie
das funktionieren kann, klapperdürr durch diese „Kakao- mit- frischem-
Butterbrötchen- Zeit“ zu kommen? Wobei, es hat auch seine Vorteile: Wenn andere
es vorziehen, sich übel gelaunt in Kinderkleidergrößen hineinzuquetschen, dann
bleibt wenigstens für Sie und mich genügend Kakaomilch und Butterbrötchen
übrig.
Ach, wer sich seine Körpergliedmaßen im Sportstudio trainieren möchte,
kann dies gern tun. Für viele andere ist die Sporthalle die Natur. Es gibt
unzählige Möglichkeiten, was unsereins draußen machen kann. Der Wald hat,
wissenschaftlich belegt, heilende Kräfte und wirkt sich gesundheitsfördernd auf
unseren Körper aus. Auch Gärtnern erfüllt den Stressabbau. Zu sehen, wie mit
den eigenen Händen und Arbeitskraft etwas neues entsteht, macht ungemein stolz.
Was der Mensch nicht schafft oder schaffen kann, erledigen
Bildbearbeitungsprogramme.
Perfektion ist Ansichtssache.
Sie können aussehen
wie ein Topmodel und trotzdem folgt die Enttäuschung darüber, nicht reich und
berühmt geworden zu sein. Schönheit ist auch keine Garantie für Treue. Man kann
eine bildhübsche Frau sein oder ein wirklich gut aussehender Mann, und es
trotzdem nicht schaffen, sein Gegenüber zu einer Bindung zu bewegen, weil
einfach zu wenig Reibungspunkte vorhanden sind, die genug Abwechslung bieten.
An Schönheit gewöhnt sich das menschliche Auge sehr schnell. Genauso schnell
wird man dem überdrüssig. Schönheit ist zu glatt. Liebenswert ist es, wenn ein
schöner Mensch genauso mit Pickel und Winkeärmchen zu kämpfen hat, wie jeder
andere auch. Stattdessen wird inszeniert, herum operiert und aussortiert, was
nicht in das moderne Schönheits- Schema passt. Davon sind natürlich
gesundheitlich und medizinische Angelegenheiten ausgenommen. Es sind offenbar
Ansichten, die viele Personen mit sich tragen, denn so werden mir diese oft in
Unterhaltungen mitgeteilt.
Die schöne Hülle muss gefüllt werden mit Charisma,
sonst bleibt nur die topgestylte dumme Nuss übrig, die weder Anerkennung, noch
echten Respekt erntet.
Sie sehen also, aus einem Fitnessprospekt kann eine ganze
Kolumne werden, voller verschiedener Sichtweisen. Man muss mit sich selbst ja
nicht so hart ins Gericht gehen. Solange die Signale des Körpers beachtet und
richtig gedeutet werden, ist doch alles in Butter.
Apropos Butter...
Ich geh' dann mal Brote schmieren.
Herzlichst, Ihre Pia Kalm