Über die Tapferkeit…


Wenn wir an das Wort ‘Tapferkeit’ denken, fällt uns automatisch auch ‘Held’ ein.
Helden sind tapfer, so meinen wir.
Also, pressen wir in unsere Schublade der Tapferkeit: Feuerwehrmänner, Ärzte, Tierschützer- und noch einige mehr.
Doch was Tapferkeit auch bedeuten kann, verstehen wir immer erst dann, wenn sie direkt vor uns steht- wie in dieser Situation:

Ein Großhandel, an einem Dienstag.
Der Markt war überschaubar besucht.
Böse Zungen würden sagen: “Da war nix los.”
Und dort, vor dem Eingang der Molkereiprodukte, stand eine Frau an einem Werbestand. Sie schaute mich an: “Möchten Sie unsere Joghurtsorten probieren? Alles laktosefrei!”
Sie tat mir Leid, wie sie da so allein stand und die Zeit irgendwie herum bekommen musste.
Also: “Ja, ich möchte was probieren- den Naturellen, bitte!”
Wir unterhielten uns.
Ich erzählte ihr, dass ich sehr viel Milch trinke, um als “Milchaholiker” durchgehen zu können.
Sie entgegnete, dass ihr Mann jeden Tag 2 Tafeln Schokolade, zusätzlich zu seinem normalen Essen, gegessen hat.
Sie denken jetzt bestimmt: “Der wird bestimmt aufgegangen sein, wie ein Hefekloß!”
Nein- ist er nicht. Er hat sogar abgenommen. Wie kann das sein?
Der Krebs, der in ihm wuchs, brauchte den Zucker, um zu wachsen.
Davon, ahnte weder der Mann- noch seine unscheinbare Frau etwas. Über Jahre hinweg, fraß sich der Krebs durch seinen Körper- unbemerkt. Auch normale Untersuchungen und ein Bluttest zeigten keine Auffälligkeiten.
Erst, als es ihn umlegte und sein Gesundheitszustand radikal schlechter wurde, suchten Ärzte nach der Ursache, entnahmen eine Gewebeprobe. Ein zusätzliches ‘durchscannen’ zeigten das kaputte Innere. Mehrere Chemotherapien musste er ertragen, und mit ihm auch seine Frau.
Eine besonders schwere Bestrahlung würde noch vor ihm liegen.
Bis es soweit ist, vegetiert er mit seinen Schmerzen im Krankenhaus vor sich hin und hofft. Er hofft einfach nur noch.
Seine Frau kann nichts weiter tun, als währenddessen Menschen im Großmarkt zum Joghurttesten zu animieren und im Stillen auch zu hoffen.
Ich hatte den Eindruck, dass es ihr gut getan hat, ihre Gedanken laut zu äußern, vor dem Unausweichlichen, was am Ende wartet.
Ich wünschte ihr, alles Gute für die Zukunft und Gesundheit für ihren Mann.

…    …    …    …    …   

Wir können lernen, voneinander.
Helden sind keine Strahlemänner mit Feder am Hut oder dem Siegerlächeln im Gesicht.
Jeder Mensch, egal woher er kommt und wer er ist, trägt seine eigene Geschichte in sich.
Deshalb, ist jeder von uns ein Alltagsheld- ohne ersten Platz und ohne Pokal in der Hand.

Wenn man genau darüber nachdenkt, macht es keinen Sinn, durch sein Leben zu hetzen, ohne zur Seite zu schauen.
Versäumte Momente kann man nicht mehr genießen, denn sie sind an einem vorbeigezogen, ohne Beachtung gefunden zu haben.
Es gibt so viele Dinge, die es nicht wert sind, sich darüber zu ärgern.
Vielleicht ist genau jetzt der Zeitpunkt gekommen, um der Zeit mehr Leben zu geben und etwas zu ändern.

Geben Sie nicht auf, bis der Vorhang fällt.

Für das Leben. Für die Gesundheit. Für die Liebe.

Herzlichst, Ihre Pia Kalm

2 Kommentare:

Sabrina hat gesagt…

Das ist eine unglaublich traurige aber auch schöne Geschichten. Man muss den Menschen nur mal zuhären und mit offenen Augen durch die Welt laufen, was leider viel zu wenige noch tun.

http://fairytalemiracle.blogspot.de/

derbalubaer hat gesagt…

Eine nette Geschichte und eine sinnige Schlussfolgerung. Gefällt mir gut.

Mut, Tapferkeit und Heldentum sind nicht für jeden das Gleiche. Für den einen ist es ein Klacks in ein brennendes Haus zu steigen und ein Kind zu retten - ein anderer erbringt eine Heldentat, wenn er am Morgen aus dem Bett steigt und mit seinem Leben weiterzumacht. Jeder ist tapfer, der die Aufgaben, die ihm das Leben gibt, meistert.

... und manchmal ist man ein Held, wenn man in einem Großhandel einem Fremden zuhört und ihm damit wieder Kraft gibt ...

Kommentar veröffentlichen

Denkanstöße erwünscht

Blog- Connect Leser

Diesen Blog durchsuchen

Buche gepflanzt

Mein Blog hat eine Buche gepflanzt.